BRETT
Der Berliner Unternehmer Rafael Horzon behauptet, im Jahre 1998 das Brett erfunden zu haben. Diese Behauptung lässt sich ganz einfach entkräften, da im Münsterland bereits seit 1929 Speckbrett gespielt wird. Das ist eine regionale Tennis-Variante, die mit Brett statt mit Racket gespielt wird.
Die Wortherkunft von Racket ist unklar, möglicherweise eine Bedeutungsverschiebung von Handfläche zu Schläger: Racha (mittelalterliche Übertragung vom Arabischen ins Lateinische für Handfläche) entwickelt sich im 14. Jahrhundert zur französischen Form rachette und als im 15. Jahrhundert Tennisschläger in Gebrauch kommen werden diese als raquette bezeichnet.¹
Racket wird vom Cambridge Dictionary in drei Bedeutungskategorien geführt:
- SPORTS: „an object consisting of a net fixed tightly to an oval frame with a long handle, used in various sports for hitting a ball“.
- NOISE: „a loud, annoying noise“.
- ILLEGAL ACTIVITY: „a dishonest or illegal activity that makes money“.
In erster Linie handelt es sich beim Racket – so auch im Duden zu finden – um einen Tennisschläger. Von der International Table Tennis Federation wird aber auch der Tischtennisschläger offiziell als Racket bezeichnet, umgangssprachlich im Englischen auch paddle, bat und blade und im Deutschen Kelle.
Im Griechischen heißen Schläger Raketes (ρακέτες). Das ist auch der Name der griechischen Brettball-Variante. Die Schläger sind typischerweise aus Holz und liegen mit einem Normalgewicht von 400g relativ wuchtig in der Hand. Was seiner Erscheinung nach wie ein hyperanaloges Kulturerbe der griechischen Antike aussieht, ist tatsächlich – wie wohl alle heute praktizierten Formen von Brettball – eine informelle Adaption des modernen Tennisspiels.
Tennis kommt nicht aus der Antike, auch nicht aus der ägyptischen, selbst wenn die Ägypter*innen die „Erfindung“ von Brettball für sich beanspruchen. Diese Verortung von Brettball wird durch die Erfindung von Raketes bestätigt, das der Erfinder (und erste Hersteller) in den späten 1950er Jahren aus Ägypten nach Griechenland mitgebracht hat. Aus der Antike sind keine Rückschlagspiele mit Schläger und Ball überliefert.

Am Anfang war die Hand, dann das Brett, dann der seitenbespannte Schläger und dann wieder das Brett. Das mitterlalterliche Jeu de Paume gilt als Vorläufer des modernen Tennis und wurde ursprünglich mit der Hand gegen die Wand gespielt. Die Zeichnung aus dem 16. Jhd. zeigt eine Weiterentwicklung des Jeu de Paume mit Holzschlägern, die der Form nach den brasilianischen Frescobol-Schlägern entsprechen. Frescobol ist nach dem zweiten Weltkrieg an der Copacabana von Rio de Janeiro entstanden. Der Legende nach haben sich die ersten Frescobol Spieler*innen mangels anderer Ressourcen mit Glasscherben ihre Schläger aus alten Holzbohlen geschnitzt und mit den Gummikernen alter Tennisbälle gespielt.
Eine Art Urtennis wurde seit dem 13. Jahrhundert von Mönchen in den Innenhöfen nordfranzösischer Klöster gespielt. Belegt ist es z.B. durch eine Verordnung von 1338 aus dem Archiv der flämischen Stadt Oudenaarde in Ostflandern südlich von Gent, in der das Spiel auf dem Kirchhof verboten und mit 20 Schilling unter Strafe gestellt wurde.² Das dokumentierte Unter-Strafe-Stellen von öffentlichem Spielen ist oft das einzige Zeugnis, das wir heute von bürgerlicher Spielkultur im mittelalterlichen und frühneuzeitlichem Stadtraum haben.³

Die Racket-Bedutungen Noise und Illegal Activity lassen sich möglicherweise auch auf Spiel-Verbote zurückführen: Das Schlagen eines Balls mit einem Schläger wird als Störgeräusch lokalisiert und mit einem Verbot des Racket-Spiels abgewehrt. Die Kollision von Schläger und Ball muss nicht als störend empfunden werden. Das „Crack“ des Baseballschlägers bei einem guten Treffer wird geradezu fetischisiert, was auch mit anderen Faktoren zusammenhängen kann als mit dem eigentlichen Schlag auf den Ball. Die israelische Brettball-Variante Matkot ist besonders laut, weil die Schläger hohl sind. Der dadurch entstehende Katapulteffekt ist für das Spiel technisch nicht unbedingt notwendig, mit seinem unüberhörbaren „Tak!“ dominiert Matkot den Strand von Tel Aviv so aber auch akustisch.
¹Theo Stemmler: Kleine Geschichte des Tennisspiels.
²Ebd.
³Wolfgang Behringer: Kulturgeschichte des Sports.